Text von Reinhard Schmitt:
Historisches – Burg, Kloster und Schloss
880/899
Im Hersfelder Zehntverzeichnis wird Goseck als “Gozacha civitas” bzw. „Gozzesburg“ erstmals genannt. Die genaue Lage dieser Burg ist derzeit noch unbekannt.
Anfang 11. Jahrhundert
Seit dem frühen 11. Jahrhundert ist in Goseck eine sächsische Adelsfamilie nachweisbar, die das Amt der Pfalzgrafen von Sachsen inne hatte. Graf Friedrich I. starb um 1040. Er hatte auf der Burg eine Simeonskapelle als Grablege seines Geschlechtes erbauen lassen.
24. März 1041
Die Söhne Adalbert (nach 1000-1072), Dedo und Friedrich gründeten 1041 in der Burg ein Benediktinerkloster. Zumindest der östliche Teil der Burg wird in der Folge geschleift, um die Klostergebäude errichten zu können. Der Sitz der Familie verlagert sich damit auf die Weißenburg im heutigen Zscheiplitz bei Freyburg/Unstrut, nur wenige Kilometer von Goseck entfernt. 1043 durch Kaiser Heinrich III. zum Erzbischof von Hamburg und Bremen berufen, nahm Adalbert am 29. September 1053 vermutlich die feierliche Weihe der Klosterkirche vor. Die Quellenlage dazu ist jedoch nicht eindeutig. Adalbert stieg zu einer der führenden Persönlichkeiten des Reiches zur Zeit Heinrichs IV. (ab 1056 König, ab 1084 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches) auf. Unter Abt Sindrammus werden um 1060 Wohngebäude für die Mönche errichtet.
5. November 1046
Weihe der Krypta durch Adalbert, was urkundlich belegt, aber nicht unstrittig ist.
1056
Friedrich II. von Goseck (†1088), jüngerer Sohn Friedrichs I. folgt seinem ermordeten Bruder Dedo als Pfalzgraf von Sachsen. 1066 gerät er mit Heinrich IV. in Streit und wird 1075 vom König nach Pavia verbannt. Von dort schickt er auf Eseln verpackt wertvolle Handschriften für die Klosterbibliothek und kehrt erst 1078 zurück.
1115/1125
Der nordwestliche Kirchturm stürzt ein. Ob er danach wieder aufgebaut worden ist, wird nicht berichtet, der Vorfall zieht jedoch große bauliche Veränderungen um 1200 nach sich. Die inneren Verhältnisse des Klosters sollen jedoch beständig schlecht gewesen sein. Bereits 1183 setzt der Verkauf von Klostergütern ein. 1539 endet die Klosterzeit auf der Burg mit der Säkularisation durch Herzog Heinrich den Frommen. Abt Jakob erkennt 1540 das „weltliche Regiment“ an und erhält eine lebenslange Versorgung zugestanden.
16./17. Jahrhundert
Das Klostergut wird an sächsische Beamte als Mannlehen verlehnt oder später auch verkauft, zunächst am 21. Januar 1545 an Georg von Altensee, 1566 an dessen Bruder Lamprecht von Altensee, um 1589 an David Peifer, 1602 an Franz von Königsmark. Dessen Ehefrau Katharina heiratet nach seinem Tod den kurfürstlichen Kanzler Bernhard von Pölnitz.
Von 1539 bis 1615 soll das Kloster „fast öde und wüste gestanden haben“. Pölnitz lässt Langhaus, nördliches Seitenschiff und zwei Drittel des Westwerkes der Kirche abgetragen, das südliche Seitenschiff und den südwestlichen Turmstumpf in den Schlossneubau teilweise einfügen. Chor und Vierung werden zur Schlosskirche umgewandelt. Die Krypta wird in zwei Geschosse geteilt, das untere mit einem Gewölbe überdeckt. Beide Räume dienen fortan wirtschaftlichen Zwecken. 1620 erfolgt die Widmung der nun protestantischen Schlosskirche. Der Umbau der einstigen Klausur südlich der Kirche endete um 1635 mit dem Aufzimmern sämtlicher Dachstühle. Die Familie von Pölnitz bleibt bis 1721 Besitzer der Anlage.
5./6. Oktober 1791
Novalis, Pseudonym für Georg Friedrich Philipp Freiherr von Hardenberg (1772-1801), bedeutender Schriftsteller der Frühromantik, Philosoph und Bauingenieur, besucht das Schloss Goseck. Überliefert sind Briefe – unter anderem an Friedrich Schiller – und das Prosabruchstück “Spaziergang nach Goseck” aus dieser Zeit.
1840
Julius Graf von Zech-Burkersroda kauft das Gut, und die Familie besitzt es bis 1945. Wohl im Frühjahr 1859 wird der heute höchst bemerkenswerte Ginkgobaum auf dem Schlosshof gepflanzt, von dessen Kauf im April des Jahres zumindest ein erhaltener Quittungsbeleg der Erfurter „Kunst- und Handelsgärtnerei Alfred Topf“ zeugt. Das Keimjahr wird um 1840/45 vermutet. 1846 werden der östliche und Teile des südlichen Schlossflügels abgebrochen. Von 1872 bis 1875 wird in die Schlosskirche ein Instrument des Weißenfelser Orgelbauers Friedrich Ladegast eingebaut und die Räumlichkeiten zugleich, mindestens aber bis 1880 umfassend renoviert. Letzte wesentliche optische Veränderungen erfährt die Schlosskirche um 1910, zum Beispiel durch das Einbringen einer neuen Decken- und Wandgestaltung.
Nach 1945
Das Schloss und die zugehörigen Wohn- und Wirtschaftsgebäude werden als Wohnung für Umsiedler, Oberschule, Jugendherberge und Jugendtourist-Station genutzt. Die Anlage wird allerdings nur halbherzig instandgehalten, als letzte Nutzerin gibt die Jugendherberge das Domizil 1992 auf. Später gab es noch einen kurzlebigen Versuch, die Schlossgebäude als Bildungszentrum für Baudenkmalpflege zu etablieren. Die Schlosskirche bleibt seit Kriegsende ohne jegliche feste Nutzung, so dass sie im Laufe der Jahrzehnte trotz einiger Bemühungen einzelner Einwohner zusehend dem Verfall preisgegeben ist.
1997/1998
Die “Stiftung Dome und Schlösser in Sachsen-Anhalt” wird Eigentümerin. Sofort beginnen umfangreiche Notsicherungsarbeiten und erste bauerhaltende Sanierungen. Im Herbst 1998 gründet sich der „Schloss Goseck e.V. “ zum Erhalt des leerstehenden Schlosses durch Nutzung und baut das “Musik- und Kulturzentrum Schloss Goseck” auf, welches bis heute hier seinen Sitz hat und sich als Veranstaltungsort auch überregional einen Namen erarbeiten konnte.
2005 – 2011
Systematische Ausgrabungen des Instituts für Kunstgeschichte und Archäologien Europas an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und des Aufbaustudiengangs Denkmalpflege in Kooperation mit der Hochschule Anhalt (Fh) in Dessau fördern unter anderem Teile des Kirchengrundrisses und der Klausur zu Tage.
2007 – 2009
Im Juli 2007 wird das Gewölbe aus dem frühen 17. Jahrhundert aus der Krypta entfernt und damit der ursprüngliche Zustand von 1046 wiederhergestellt.
Auch der 1971 eingestürzte Treppenturm neben der südlichen Seitenapsis wurde in dieser Zeit wieder errichtet.
2008
Die restauratorische Sicherung der Krypta wird abgeschlossen.
2011 – 2014
Im Herbst 2011 begannen in der Schlosskirche die Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten, die wegen der herausragenden Akustik auch den Einbau eines Tonstudios beinhalteten, das unter anderen von dem auf dem Schloss ansässigen Klassik-Label „Raumklang“ genutzt wird. Die umfangreichen Arbeiten konnten bereits im Juli 2013 abgeschlossen werden, so dass die Schlosskirche zu Goseck den Besuchern seither innerhalb regelmäßiger Öffnungszeiten wieder zugänglich ist.
2015 und 2016
Im April 2015 wurde – pünktlich zum touristischen Saisonstart – der erste Teil der zukünftigen, multimedialen Dauerausstellung in der Schlosskirche präsentiert. Mithilfe moderner Medien wird dem Museumsbesucher in Film, digitaler Darstellung und Hörstationen die fünfhundertjährige Geschichte des Benediktiner-Klosters zu Goseck nachvollziehbar vergegenwärtigt. Im Jahr darauf, ebenfalls zur Saisoneröffnung, wurde der zweite Teil fertiggestellt, der die vierhundert Jahre als Schloss ebenso dokumentiert wie die „Neuzeit“ ab 1945.
© Reinhard Schmitt/Halle